Das Pöckl war ein Transportmittel, mit denen sich viele Bergbauernkinder in den Wintermonaten einfach fortbewegen konnten. Es ermöglichte ihnen auf den schmalen Steigen den Talboden sicher und schnell zu erreichen, um dort die Schule oder die Kirche zu besuchen. Das Pöckl war ein leichtes, einfach handzuhabendes Gerät, was direkt am Bauernhof kostengünstig herstellbar war. Bergbauernfamilien bestanden oft aus vielen Kindern und konnten es sich nicht leisten, für diese mehrere Schlitten anzuschaffen.
Schlitten wurden nämlich vom so genannten „Roder“ gebaut, der Handwerker im Dorf, der Räder für die Transportwägen herstellte. Holzräder und Schlittenkufen waren aus Eschenholz und wurden aufwendig mit der Hilfe von Wasserdampf in Form gebracht.
Dampfgebogene Teile waren für Bergbauern kaum erschwinglich, denn sie lebten häufig unter bescheidenen Bedingungen und waren echte (Über)Lebenskünstler. Sie schafften es aber, mit der kargen und „geizigen“ Natur zurechtzukommen. Der Glaube an Gott spielte dabei eine nicht unrelevante Rolle.
Das Ur-Pöckl
Bergbauern hatten zwar wenig Geldmittel, waren aber sehr erfinderische und kreative Menschen. Irgendwann hatte ein Bauer oder eine Bäuerin die Idee, ein breites Stück Brett zu nehmen, dieses vorne abzurunden, ein zweites, kleineres Brett darauf zu nageln und einen geraden Ast quer als Griff hinzuzufügen. Zur Verstärkung der Kufe wurde ein altes, ausgedientes Sägeband, dessen Zähne abgeschliffen wurden, angebracht. Das Pöckl war erfunden! Dies soll sich im oberen Pustertal zugetragen haben.
Das Ski-Pöckl
In den 1970er Jahren hat sich das Ur-Pöckl aufgrund der aufkommenden Ski-Industrie weiterentwickelt. Der Ski wurde durch seine andauernd technische Erneuerung zum Konsumgut. So blieben viele „alte“ Skier übrig, die abgeschnitten an die Unterseite des Ur-Pöckl angeschraubt werden konnten. Der Hauptkörper des Ur-Pöckls wurde durch einen Holzunterbau, mit der Sitzfläche und dem Ski verbunden. Somit entstand das heute bekannte Ski-Pöckl. Anfangs wurden die langen Skier abgeschnitten, dann mit dem Aufkommen der Carving-Skier wurden diese in ihrer gesamten Länge angebracht. Mit den Carving-Skiern ist es möglich, sehr schnell und sicher auf den präparierten Skipisten mit viel Spaß zu carven.
In anderen Regionen
Pieve di Livinallongo
Der kleine Ort liegt in einem sehr steilen Tal hinter dem Falzarego-Pass (BL), wo Bergbauernkinder oft auf die andere Talseite mussten, um die Schule zu besuchen.
Geiselsberg
Zahlreichen Aussagen zufolge sollen die Einwohner vom Geiselsberg bei Olang die Erfinder des Pöckls sein.Der Rodelbauer J. Sapelza aus Oberolang erzählte, dass er in den 1940er Jahren für einen aus Neapel stammenden Briefträger ein Pöckl gebaut hatte. Es soll sein Erstes gewesen sein. Der Briefträger brauchte ein leichtes Fortbewegungsmittel, leichter als eine Rodel und einfacher zu tragen, um unkompliziert, nach dem Zustellen der Post, vom Geiselsberg den Talboden erreichen zu können.
Sellagruppe
Das Pöckl lässt sich auch im Gebiet um den Sellastock nachweisen. Die dort lebenden Ladiner sollen sich von einer großen Karfreitags-Ratsche inspirieren haben lassen, die auf einer Brett-Kufe montiert von Hof zu Hof gezogen worden war.
Ausgehend von der Annahme, dass das Pöckl vom Geiselsberg stammt, wurden weitere Variante in benachbarten Dörfern und Tälern gefunden.
Pieve di Livinallongo
Das dort entwickelte Pöckl, unter den Namen Lousin bekannt, zeichnet sich durch eine besonders originelle Bauweise aus: an den Steilen Hängens des Tales wächst der untere Teil eines Baumstamms kurvenförmig aus dem Boden. Die Bauern und Kinder, als aufmerksame Beobachter der Natur, haben sich kleine Bäume ausgesucht, die die ideale Kurve für eine Kufe aufweisen. Diese wurden abgeschnitten und zurechtgehobelt, und waren somit eine natürlich gebogene Kufe. Auf diese wurde ein schmales Brett, das gleichzeitig auch Sitzbrett war, befestigt. Kufe und Sitzbrett wurden durch eine Holzstütze verbunden und mit einer dünnen Holzleiste als Haltegriff ergänzt.
Das Besondere an diesem Pöckl ist der minimale Materialaufwand, das leichte Gewicht und seine Form, die es besser tragbar machen.
's Pöckl in der Welt
Weltweit sind immer wieder Pöckl an Orten entstanden, wo es dieselben Bedürfnisse gab, wie die der Bergbauern im oberen Pustertal. Es ist nicht auszuschließen, dass einige Bergbauern, Knechte oder Mägde aus dem Pustertal ausgewandert sind und ihr Kulturgut aus der Heimat „mitgenommen“ haben, darunter vielleicht auch das Pöckl.
USA
In Neuengland lassen sich die Jack Jumper (Pöckl auf amerikanisch) bis Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Dort wurden sie von Holzfällern benutzt, um nach der Arbeit schnell ins Tal hinunterzukommen.
Bei den verschiedenen Varianten sieht man eine Weiterentwicklung der Form sowie des Materials bis hin zum rein aus Metall gefertigten Pöckl. Entsprechend der Verfügbarkeit der Materialien zeichnen sich diese in den Gebrauchsgegenständen der verschiedenen Gegenden ab.
Slowenien
Der Pležuh stammt aus Selnica und ist laut Überlieferungen über 200 Jahre alt. Er bestand aus einem gebogenen Brett eines ausgedienten Holzfasses, auf dem ein Sitzbrett, eine Steuerstange und zwei Stützkeile befestigt wurden. Die Besonderheit beim Pležuh war die Sitzlage: man saß sehr nahe am Boden und musste sich in eine starke Rückenlage begeben, um das Pöckl zum Gleiten zu bringen. Wie in anderen Ländern entwickelte sich der Pležuh mit der Zeit weiter: ein Ski wurde als Kufe eingesetzt, und andere Materialien wie Eisen und Aluminium wurden für das Untergestell verwendet.
Schweiz
Zwei begeisterte Pöckl-Fahrer entwickeln unabhängig voneinander zwei ähnliche Geräte, den Ski-Gibel und den Ey-Schi. Die zwei Tüftler haben sich schließlich zusammengetan, um ihre Konstruktionen zu optimieren. Es wurden mehrere Modelle angefertigt, einige sogar mit einer Feder, um den Fahrkomfort zu erhöhen. Eine Version hat an Stelle der Eisenfeder ein Bugholz. Das Ergebnis war ein Serienprodukt, das durch die Firma Skigibel.ch vertrieben wird.
Link: https://www.skigibel.ch/
Deutschland
Im Allgäu befindet sich eine weitere Variante des Ski-Pöckls. Es wurde von der Firma Skiboeckle Manufaktur entwickelt und hat eine gepolsterte Sitzfläche. Das Skiboeckle wird auch als Bastelset zum Kauf angeboten.
Link: https://skiboeckle.net/
Österreich
In Tulfes im Stubaital gibt es den Klumper. Eine Abwandlung vom Pustertaler Pöckl, das von den Tulferern anlässlich eines Rennens im Pustertal „aufgeschnappt“ wurde. Bei diesem Modell wird ein besonders dickes Brett als Hauptkörper verwendet.
Industrielle Produkte
Es gibt mittlerweile verschiedene Firmen, die Pöckl oder ähnliche Produkte und Sets zum Selberbauen in Serie herstellen und zum Kauf anbieten. Leider konnte sich aber das Pöckl nie als Massensportgerät, wie der Ski oder die Rodel, durchsetzen. Es ist bisher immer noch ein Nischenprodukt, das von wenigen Begeisterten gefahren wird.
IT
FR
NL
CH
Skipöckl mit Federung
Pöckl aus Kunststoff
Ski-Pöckl Kit aus Rohren und Gelenken
Kanister ähnliches Pöckl aus Kunststoff
https://www.tischlerei-hoferantik.it/it/racebuck-monoski
https://www.tsloutdoor.com/de-de/yooner?_l=de
Abwandlung
In Bad Tölz gibt es eine besondere Abwandlung des sonst nur im Winter nutzbaren Pöckls: das sog. Sommer-Pöckl. Der Ski wird hier mit breiten, robusten Rädern ersetzt. Somit kann man in den Sommermonaten den Berg mit etwas Geschick hinunterfahren. Diese besondere Pöckl Art ist mit einem effizienten Bremssystem ausgestattet.
Bockerl mit Rädern
DE
Pöckl-Rennen
Weltweit werden Pöckl-Rennen abgehalten, wo es um Geschwindigkeit und Originalität geht. Die Rennen werden in der Regel von Pöckl-Vereinen organisiert. Im oberen Pustertal werden jährlich Pöckl-Rennen in Innichen, im Gsiesertal und am Geiselsberg abgehalten.
USA
IT
IT
DE
CH
AT
AT
Jack Jumping World Championships
Gsiesa Böcklrennen
BockWM Olang
Sommerpöckl-Rennen Bad Tölz
Skibock-Schweizermeisterschaften
Klumperrennen Tulfes
Bockerl WM Steinach
Patente
Pöcklbauer sind Tüftler mit ausgeprägtem Erfindergeist. Ihre Ideen wurden immer wieder durch die Anmeldung eines Patentes geschützt. Weltweit wurden rund 15 Patente angemeldet, sogar in Japan. Das älteste, das der Variante vom Geiselsberg ähnelt, stammt aus dem Jahr 1914, eingetragen beim Patentamt in Washington, USA.
Josef Gutmann
Im Jahr 1995 versuchte auch ein Lehrer aus Jenesien sein Pöckl durch ein Patent zu schützen. Seine Erfindung sah vor, die Kufe vom Pöckl austauschbar zu machen, um so auf unterschiedlichen Untergründen, wie die von Pisten oder Rodelbahnen, zu fahren. Man konnte eine breite oder eine schmale Kufe anbringen. Besonders sticht die Möglichkeit hervor, die jeweils andere Kufe direkt am Pöckl befestigen zu können. Josef Gutmann versuchte, seine Idee mehreren Sportgeräteherstellern anzubieten, doch der große Erfolg blieb leider aus. Ein Grund dafür wird sicherlich sein, dass das Pöcklfahren weiterhin eine Nischensportart war.
Bauplan für dein eigenes Pöckl
Jetzt bist du dran!
In Zuge der Zusammenarbeit von Prof. Kuno Prey und Sarah Troi, Fakultät für Design und Künste - Freie Universität Bozen mit dem lvh.apa - Landesverband für Handwerker und Dienstleister entstand der Bauplan für ein Pöckl.
Unser Anliegen dabei ist, Jugendlichen Handwerksberufe näher zu bringen und sie auf spielerische Art zu motivieren, ihr eigenes Pöckl zu gestalten, zu bauen und schließlich sportlich selbst zu fahren. Der Bauplan ist eine Beilage vom lvh.apa Magazin „Manufakt“ und wurde für Kinder ausgelegt; für Jugendliche und Erwachsene wird eine etwas höhere Brettstärke (min. 25mm) empfohlen.
Leg los und gestalte die Form deines Pöckls indem du deine Vorstellungen in die Zeichnungen auf dem Bauplan skizzierst.
Klicke auf den Bauplan um ihn herunterzuladen.
Folge dem Video mit den einzelnen Bauschritten.
Workshops an Mittelschulen
Im Dezember 2023 wurden an den Mittelschulen von Eppan und Olang, in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Techniklehrerinnen, Pöckl-Workshops abgehalten. Dabei hat Prof. Prey den Schüler:innen die Kulturgeschichte vom Pöckl vermittelt und sie ermutigt, ihr eigenes Pöckl zu gestalten. Im Rahmen des Technikunterrichts wurden dann die Pöckl von den Schüler:innen gebaut. Teil der Workshops war auch der Besuch bei einem lokalen Tischler. Dort wurde den Schüler:innen der Handwerksberuf des Tischlers näher erklärt und das Holz für den Pöcklbau ausgehändigt.
Krönender Abschluss der Workshops war die Teilnahme am Pöckl-Rennen, welches im Rahmen des lvh.apa Wintersportfestes 2024 in Feldthurns stattgefunden hat. Dort haben die Junghandwerker im lvh.apa für die Mittelschüler ein Pöckl-Rennen in den Kategorien Geschwindigkeit und Stil organisiert.
Auf die Plätze, fertig, los!